Internet – Gesellschaftliche und politische Herausforderungen
Du hast in den vergangen Wochen Einblicke in die Funktionsweise des Internets gewonnen und dir dabei wichtige Begriffe angeeignet. Dieses Wissen hilft dir, gesellschaftliche und politische Themen im Zusammenhang mit dem Internet besser zu verstehen. Wir wollen heute folgende gesellschaftliche bzw. politische Herausforderungen genauer betrachten:
Netzneutralität (Net Neutrality)
Internet-Zensur (Internet Censorship)
Digitale Kluft (Digital Devide)
Übersicht
Netzneutralität (Net Neutrality)
Video-Plattformen (YouTube, TikTok etc.), Streaming-Dienste (Netflix und co.) oder Online-Games (Fortnite etc.) sind sehr beliebt. Solche Dienste nennen wir hier Content Provider, kurz CP. Sie sind darauf angewiesen, dass grossen Datenmengen schnell übermittelt werden. Die Firmen, die die Netzinfrastruktur bauen und instand halten, nennt man Internet-Service-Provider, kurz ISP (in der Schweiz z.B. Swisscom, Sunrise oder UPC). Diese ISP müssen dafür sorgen, dass sie den ständig wachsenden Anforderungen an die Datenübertragung gerecht werden. Deshalb liebäugeln ISP mit der Idee, unterschiedliche Geschwindigkeiten für unterschiedliche Daten einzuführen: Netflix könnte einen besonderen Preis zahlen, damit die Netflix-Daten (die Filme) schneller übertragen werden als die Daten von anderen CP. Kritiker:innen sehen hier aber einen für sie zentralen Grundsatz des Internets gefährdet: die Netzneutralität. Sie besagt, dass die ISP sämtlichen Datenverkehr mehr oder weniger gleich behandeln sollen.
Fragen
Verständnisfrage: Weshalb ist es problematisch, wenn die ISP Daten von einzelnen CP schneller übertragen als von anderen?
Zentrale Frage: Unter welchen Umständen und in welchem Masse sollten ISP bestimmte Daten anders behandeln dürfen als andere?
Betroffene Gruppen
Internet Service Provider (ISP)
Internet Content Provider
Nutzer:innen des Internets
Quellen
Internet-Zensur (Internet Censorship)
Das Internet ist grossartig – und gleichzeitig unheilvoll. Wir finden darin zum Beispiel wertvolles Wissen oder unterhaltsame und kreative Videos. Aber wir finden darin auch viele Täuschungen sowie schädliche und menschenfeindliche Inhalte. Könnten die „schlechten“ Inhalte nicht einfach gesperrt werden? Das ist die Idee der Zensur. Viele Leute finden, dass zum Beispiel Aufrufe zu Gewalt oder andere Formen der Hassrede (hate speech) im Internet gesperrt werden sollen. Oder dass die Propaganda rechtsextremer oder terroristischer Gruppen unterbunden werden sollte. Regierungen und grosse Organisationen haben mehrere technische Möglichkeiten, bestimmte Webseiten oder Inhalte für Nutzer:innen zu sperren. Diese Möglichkeiten können aber auch dazu genutzt werden, die Meinungsbildung zu steuern und kritische Stimmen zu unterdrücken.
Fragen
Verständnisfrage: Welche technischen Möglichkeiten bieten sich zum Sperren von Inhalten? Und welche Schwierigkeiten sind mit diesen Möglichkeiten verbunden?
Zentrale Frage: In welchen Fällen sollten Regierungen Inhalte im Internet sperren – wenn überhaupt?
Betroffene Gruppen
Quellen
Digitale Kluft (Digital Divide)
In der Schweiz gilt es als selbstverständlich, dass jeder Haushalt einen ausreichend schnellen Zugang zum Internet hat. In vielen Ländern aber haben Teile der Bevölkerung keinen oder nur eingeschränkten Internetzugang. Das betrifft erstens Menschen in ländlichen, bevölkerungsarmen Gegenden, wo es sich aus Sicht der Betreiber-Firmen (ISP, siehe Netzneutralität) nicht lohnt, in die Netz-Infrastruktur zu investieren. Zweitens haben auch viele von Armut betroffene Menschen keinen Internetzugang. Wer heutzutage keinen Internetzugang hat, hat entscheidende Nachteile: Der Zugang zu Wissen, zu Bildung und zu vielen Dienstleistungen ist dadurch erschwert. Für Menschen aus ohnehin schon benachteiligten Gegenden oder Bevölkerungsschichten verschlechtern sich dadurch die Chancen zusätzlich.
Fragen
Verständnisfrage: Für eine Person oder eine Familie, die aufgrund eingeschränkten Internet-Zugangs das Internet bisher nicht oder nur geringfügig genutzt hat: Was ist nötig, damit sie die digitale Kluft überwinden kann?
Zentrale Frage: Wann und wie sollte Geld investiert werden, um die Kluft zu schliessen zwischen jenen, die das Internet nutzen und jenen, die das Internet nicht nutzen?
Betroffene Gruppen
Quellen
Begriffe
Hier findest du die Begriffe, die du zum Thema Internet kennengelernt hast. Lese sie nochmals durch, bevor du dich in dein Thema einliest.
Protokolle/Schichten | Netzwerke | Pakete und Routing | World Wide Web | Internet-Prinzipien |
IP, TCP, UDP, HTTP, DNS, Anwendungsschicht, Transportschicht, Internetschicht, Netzzugangsschicht | Glassfaserkabel, Kupferkabel, Router, Pfad, direkte Verbindung, Bandbreite | Paket-Metadaten, IP-Adressen, Dynamisches Routing | Webseiten, Browser, Server, Domain/Damainname | Redundanz, Fehlertoleranz, Skalierbarkeit, offene Protokolle |
Hier findest du bei Bedarf Erklärungen zu den meisten Begriffen:
Internet – Begriffe:
Ein digitales Gerät ist zum Beispiel ein Computer, ein Smartphone, ein Server oder sonst ein Gerät, das digitale Daten einlesen/empfangen, verarbeiten und ausgeben/senden kann. Ein mit dem Internet verbundenes digitales Gerät kann Daten über das Internet austauschen.
Ein Pfad ist eine direkte oder indirekte Daten-Verbindung zwischen zwei digitalen Geräten. Wenn Gerät A Daten über das Internet an Gerät B sendet, dann werden diese Daten entlang eines Pfades (oder entlang verschiedener Pfade) übermittelt.
Ein Netzwerk entsteht, wenn mehrere digitale Geräte so miteinander verbunden werden, dass sie miteinander kommunizieren (das heisst: sinnvoll Daten austauschen) können.
Die Bandbreite bestimmt die Geschwindigkeit, mit der Daten ausgetauscht werden. Sie sagt, wie viele Daten „gleichzeitig“ übermittelt werden können:
Bei einer kleinen Bandbreite können pro Sekunde nur wenige Bits oder Bytes übermittelt werden. Es dauert lange, bis die Daten übermittelt sind.
Bei einer grossen Bandbreite können pro Sekunde mehrere Millionen Bytes übermittelt werden. Es dauert schnell, bis die Daten übermittelt sind.
Ein Protokoll legt Regeln für die Kommunikation zwischen digitalen Geräten fest. Geräte können sich nur dann sinnvoll miteinander verbinden und Daten austauschen, wenn sie sich genau an alle Regeln halten, die in den Protokollen festgelegt sind. Für die Kommunikation im Internet werden sehr viele Protokolle benötigt. Eines der wichtigsten ist das Internet Protocol.
Die IP-Adresse ist eine Zahl, mit der jedes Gerät, das mit dem Internet verbunden ist, identifiziert werden kann. Jede Nachricht (jedes Paket), das über das Internet von einem Gerät zu einem anderen gesendet wird, enthält zwei IP-Adressen: Die Zieladresse und die Ursprungsadresse. Auf diese Weise kann jede Nachricht zum richtigen Gerät geleitet werden. Und das Empfangsgerät weiss, an welche Adresse es seine Antwort zurücksenden muss.
Ein Router ist ein digitales Gerät, das Nachrichten innerhalb eines Netzwerks und über Netzwerke hinweg weiterleiten kann. Ein Router verfügt über mehrere Netzwerkkarten und kann sich deshalb mit mehreren Netzwerken gleichzeitig verbinden. So kann er zum Beispiel eine Nachricht bekommen, die von einem Gerät in Netzwerk A kommt und diese an ein Gerät in Netzwerk B senden.
Redundanz liegt dann vor, wenn bestimmte Elemente mehrfach vorhanden sind, von denen eigentlich nur eines nötig wäre. Manchmal nennt man etwas redundant, um darauf hinzuweisen, dass es überflüssig ist. Aber in vielen Fällen ist Redundanz gewollt. Zum Beispiel für die Sicherheit: Am Fahrrad wollen wir nicht nur eine Bremse haben – auch wenn eine Bremse meistens reichen würde: Was passiert wenn die eine Bremse plötzlich ausfällt und wir gerade einen Steilhang hinunter fahren? Auch die Zuverlässigkeit wird oft besser dank redundanter Systeme: Heute führen mehrere Eisenbahntunnel durch den Gotthard. Wenn eines gesperrt ist, können durch die anderen weiterhin Güter und Personen transportiert werden. Auch im Internet wird die Zuverlässigkeit besser, wenn mehrere Pfade zwischen zwei Geräten bestehen. Im Internet kann Redundanz ausserdem eine bessere Leistung (eine höhere Bandbreite) bewirken: Wenn mehrere Pfade zwischen zwei Geräten bestehen, können Daten auch dann schnell übermittelt werden, wenn einzelne Verbindungen überlastet sind.
Ein Paket ist eine Datenmenge von bestimmter Grösse, die auf einmal übermittelt wird. Das Paket besteht aus den Daten, die es transportiert und aus Metadaten. Grössere Nachrichten oder Dateien werden in mehrere Pakete aufgeteilt und damit sozusagen in Eintelteilen übermittelt, die am anderen Ende wieder zusammengesetzt werden müssen.
Metadaten sind Daten, die sozusagen über den eigentlichen Nutzdaten stehen. Bei Paketen, die im Internet übermittelt werden, sind das zum Beispiel die IP-Adressen (vom Ursprungs- und Zielgerät) oder die Paketnummer und Paket-Anzahl.
Protokolle der Transportschicht wie UDP und TCP sorgen dafür, dass Nachrichten in Pakete zerlegt und alle Pakete fortlaufend vom Ursprungsgerät zum Zielgerät gesendet werden. (Im Falle von TCP wird auch sichergestellt, dass wirklich alle Pakete ankommen und die Reihenfolge stimmt.) Dadurch ensteht ein Paketstrom oder Datenstrom, der aus Sicht der darüber liegenden Anwendungsschicht wie eine direkte Verbindung zwischen den beiden Geräten wirkt. Für weitere Informationen zu den Schichten: Siehe Folien.
Damit jeder Client im Netz sich mit den gesuchten Servern verbinden kann, muss er deren IP-Adresse nachschauen können. Es braucht eine Art Telefonbuch, wo jeder Client zum Beispiel nachschauen kann: „Was ist die IP-Adresse von duden.de?“. Aber IP-Adressen von Geräten können sich ändern. Das Telefonbuch muss also stetig aktualisiert werden.
DNS steht für Domain Name System. Dieses System dient dazu, die IP-Adressen sämtlicher Domain-Namen zu speichern und aktuell zu halten. Es besteht aus zahlreichen
DNS-Servern, die weltweit hierarchisch organisiert sind und aus dem
DNS-Protokoll, das regelt, wie
DNS-Anfragen erfolgen müssen und beantwortet werden.
HTTP steht für HyperText Transfer Protocol. Dieses Protokoll regelt, wie der Datenaustausch zum Laden von Webseiten und deren Inhalten erfolgen muss.
Das Internet ist so gestaltet, dass es nicht von wenigen einzelnen Geräten abhängt: Es wird nicht von einer Zentrale gesteuert und es gibt keinen Ort, wo alle Daten zusammenkommen. Stattdessen besteht das Internet erstens aus zahlreichen Protokollen, zweitens aus zahlreichen Geräten. Die Protokolle regeln auf mehreren Schichten, wie die Daten übermittelt werden müssen, damit die Geräte sich gegenseitig verstehen. Damit Clients mit Servern und Clients untereinander Daten austauschen können, braucht es Router, die die Daten weiterleiten und
DNS-Server, die Auskünfte über die aktuellen IP-Adressen geben. Das Internet ist
skalierbar gestaltet: Es kann beliebig vergrössert werden. Es können beliebig viele Router und
DNS-Server hinzukommen: Das Internet wird dadurch noch zuverlässiger.
Aufträge
Bearbeitet folgende Aufträge in 2er- bis 3er-Gruppen. Jede Gruppe wählt eines der drei Themen. Jedes Thema sollte von mindestens zwei Gruppen gewählt sein.
Auftrag 1 – Quellen bearbeiten
Lest euch in das Thema ein, indem ihr die vorgeschlagenen Quellen bearbeitet (ihr dürft auch andere Quellen hinzuziehen).
Macht euch dabei Notizen zu den betroffenen Gruppen und zu technischen Details.
Notiert ausserdem Fragen oder Erkenntnisse, die ihr für wichtig hält.
Habt ihr schon Antworten auf die gestelten Fragen? Notiert eure Vermutungen.
Auftrag 2 – Übersichtsblatt erstellen
Stellt ein Übersichtsblatt (eine A4-Seite) zusammen (zum Beispiel mit Word). Dieses enthält folgende Punkte:
Thema/Herausforderung (Titel)
Zentrale Frage (siehe oben)
Beantwortet für jede der betroffenen Gruppen:
Welches sind die Interessen dieser Gruppe?
Wie könnte diese Gruppe profitieren?
Wie würde der Gruppe geschadet werden?
Erklärt das technische Wissen, das nötig ist, um das Thema zu verstehen. Bezieht euch auf die Schichten oder auf die Begriffe in der Übersicht oben. Beschreibt möglichst einfach: so, dass jemand ohne Internet-Kenntnisse mitkommt.
Formuliert Empfehlungen:
Was würdet ihr (zum Beispiel als Parlamentarier:innen oder als Bundesrät:innen) tun, um die Herausforderung anzugehen?
Mögliche Lösungsansätze wären etwa die Einführung von Gesetzen oder die Aufhebung bestehender Gesetze oder Investitionen in technische Lösungen etc.
Eure Empfehlungen sollten eine Antwort geben auf die zentrale Frage.
Was wären die Vor- und Nachteile eurer Empfehlungen?
Auftrag 3: Plakat gestalten
Erstellt ein Plakat, um euer Thema und eure Empfehlung zu präsentieren.
Das Plakat basiert inhaltlich auf eurem Übersichtsblatt – ergänzt um Zeichnungen und eine schöne Gestaltung.
A3 oder grösser
Auf richtigem Papier erstellt, fotografiert und via Teams an Lehrperson gesendet.
Auftrag 4: Plakate besprechen und präsentieren
Besprecht euch zuerst mit den Gruppen, die das gleiche Thema gewählt haben wie ihr. Stellt euch eure Plakate gegenseitig kurz vor und besprecht dann: Wo liegen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen euren Plakaten und Ideen?
Präsentiert eure Plakate vor der Klasse und geht dabei auch auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede ein.